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Kurlaub

14 Tage pommersche Ostsee-Küste

Die erste Hälfte des Jahres 2019 ist bei uns total aus dem Ruder gelaufen nach dem erzwungenermaßen abgebrochenen Amrum-Aufenthalt. Wir beschließen, statt des entfallenen alljährlichen Usedom-Urlaubs, einmal etwas Neues auszuprobieren. Im Herbst zur ‚Kur‘ an die Ostsee. Ostsee ja, aber etwas weiter östlich als in den letzten Jahren. Da kommt ein Angebot des hiesigen CDU-Ortsvereins aus der Organisations-Gruppe „Reisen mit Freunden – seniorengerecht“ gerade recht. Wir buchen eine 15-tägige Pauschalreise nach Dzwirzyno bei Kolberg (Kolobrzeg) an der polnischen Ostseeküste mit medizinischen Anwendungen. Es wird eine Reise besonderer Art. Natürlich lässt sich im Herbst das Wetter nicht vorhersagen, aber durchgängig so kalt – meist nur um die +6°C bei heftigem Wind -, das hatten wir nicht erwartet.

Um 07:00 Uhr am Morgen des 27.Oktober 2019, einem Sonntag, startet unser Reisebus. Zügig, ohne jeglichen Stau, landen wir zehn Stunden später im Vier-Sterne-Hotel ‚Senator‘ in Dzwirzyno. Offiziell beginnt das Abendessen schon um 17:00 Uhr, also genau zu unserer Ankunftszeit. Dafür ist allerdings heute am Anreisetag keine Zeit. Erster Termin: eine Einweisung in die Gepflogenheiten eines Kurhotels – Termine, Abläufe, Organisation. Schnell ist danach das Gepäck ausgeladen und in den reichlich vorhandenen Schränken und Anrichten verstaut. Der nächste Termin: Bereits für 20:45 Uhr ist die Konsultation beim Kur-Arzt angesetzt. „Am nächsten Morgen erhalten Sie am Kundenschalter im Wellness-Bereich Ihren Plan mit allen Anwendungen und den jeweiligen Terminen.“ Laut Reiseprospekt sind es insgesamt zwanzig (20) Anwendungen, ohne die tägliche Wassergymnastik. Ich wollte ja eigentlich einen geruhsamen Erholungsurlaub machen. Erst danach kommen wir beim Abendessen am reichhaltigen Büffet etwas zur Ruhe. Hoffentlich ist das nur eine kurze hektische Phase, denkte ich, als ich mit meiner Frau am Abend eine Flasche Rotwein öffne, um den gemütlichen Teil des Tages einzuläuten.

Kurz vor 10:00 Uhr am nächsten Tag sind wir vor Ort, um unseren ‚Kurplan‘ in Empfang zu nehmen. Wassergymnastik (9), Teilmassagen (4), Moorpackungen für Lende (6) und Hände (6) und Laser-Bestrahlung für die Hände (5). Warum das alles? Keine Ahnung, aber schaden wird es wohl auch nicht! Ein volles Programm. Hoffentlich bleibt da noch Zeit für private Unternehmungen. Nach dem Studium des Terminplans steht aber fest, in der ersten Woche bleibt genug zeitlicher Spielraum, um ausgiebige Strandspaziergänge zu unternehmen. Bis auf eine Anwendung sind alle (!) Vormittage und das anschließende Wochenende inklusive Fronleichnam frei. Eine Besonderheit verschafft mir noch mehr Freiraum: Ich darf nicht ins Wasser, weil ich eine frische Operationsnarbe auf der Schulter habe.

Das Hotel hat sechs (6) Bettenhäuser, einen großen Restaurant-Trakt, eine Schwimmhalle nebst Sauna und Whirlpool und den sogenannten Wellness-Bereich. Eine Baustelle versperrt den direkten Weg zum Strand, ist aber sonst nicht störend. Wir greifen gleich nach dem Frühstück und Christas Wassergymnastik zu den Wanderstöcken und brechen auf zum nahen Strand. Es sind nur fünfzig (50) Meter. Als wir den Strandzugang erreichen, breitet sich vor uns ein menschenleerer breiter goldgelber Sandstrand aus. Welch ein Genuss! Heftiger Wind (oder Sturm?) drückt die schaumgekrönten Wellen ans Ufer. Laut Wetterbericht liegt die Temperatur nur bei 6°C. Über dieser einmalig schönen Szenerie strahlt ein mit weißen Wolken gefleckter azurblauer Himmel. Für dieses Wetter haben wir die richtige Kleidung eingepackt. Wir genießen die schier unendliche Weite dieser Küstenlandschaft.

Um unsere Kondition zu prüfen, wird es am ersten Tag nur ein zweistündiger Strandspaziergang. Diesen dehnen wir in den nächsten Tagen bis auf drei (3) Stunden aus. Da wir keine Vollpension gebucht haben, spielen die Essenszeiten für uns keine Rolle. So können wir die Strandwanderungen nach Belieben ausdehnen. Danach geht es dann aufs Zimmer für einen kleinen Imbiss – meist nur eine Banane, die wir vom Frühstücks-Büffet entführt haben. Unsere Nachmittags-Anwendungen liegen zunächst alle vor dem Abendessen (warmes und kaltes Büffet), das allerdings schon um 17:00 Uhr beginnt. So geht das jeden Tag. Zwischendurch, auch wenn man sich am Strand trifft, bleibt immer genügend Zeit für einen Plausch mit einem der mitgereisten uns meist unbekannten Reiseteilnehmer. Besonders turbulent geht es oft natürlich nach dem Abendessen zu, wenn wir uns in der Bar treffen. Für uns ist das nach dem Essen immer der Rückzugspunkt für einen Espresso, dem dann oft auch noch ein Gläschen Sekt folgt. Um 22:00 Uhr ziehen wir uns allerdings dezent zurück. Etwas Privatsphäre gehört bei uns zum Tagesablauf.

Freizeit gibt es dann allerdings genug, als am Freitag ein langes Wochenende beginnt. Am 01.November ist Allerheiligen, für die überwiegend katholischen Polen ein besonderer Feiertag. Da er dieses Jahr auf den Freitag fällt, heißt das dann ‚langes Wochenende‘. Als kleines Extra hat der Organisator dieser Fahrt zwei Ausflugstouren arangiert. Jeweils mit einem komfortablen Reisebus geht die erste Fahrt gen Westen (Mrzezyno, Trzesacz [Kirchen-Ruine], Miedzyzdroje [Mistroy], Kamien Pomorski). Am zweiten Sonnabend geht’s nach Osten die Küste entlang über Mielno und Kleszcze nach Koszalin (Besichtigung der imposanten Marienkirche).

In der zweiten Woche lagen die Termine der Anwendungen nicht mehr so günstig. Zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden in den Nachmittag verschoben, damit war der Tag recht zerhackt. Für Privataktivitäten blieb dann immer nur ein kleines Zeitfenster.

Am Tag vor der Abreise sind dann schnell auch die geschäftlichen Angelegenheiten erledigt. Neben den Kosten für eine Pediküre sind es vor allem die Getränke aus der Minibar, der obligatorische Rotwein zum Abendessen und die nächtlichen Espressi in der Hausbar, die sich auf 380 € (bezahlbar mit Kreditkarte) summieren. Wir fahren wirklich entspannt wieder zurück in die Heimat und ich habe auch Tage später noch das Gefühl ‚das hat mit gut getan‘.